Jeder Kieferorthopäde ist Zahnarzt. Aber nicht jeder Zahnarzt ist auch ein Kieferorthopäde. Stattdessen müssen angehende Kieferorthopäden eine Weiterbildung zum “Fachzahnarzt für Kieferorthopädie” durchlaufen. Wie lange sie dauert, was man dort lernt und vieles mehr erfahren Sie im Folgenden.
Von Curriculum bis Fachzahnarzt: Weiterentwicklung für Zahnmediziner
Heute gibt es für Zahnmediziner zahlreiche Möglichkeiten, um Zusatzqualifikationen zu erwerben oder sich in bestimmten Disziplinen zu spezialisieren. Sie reichen von einzelnen Seminaren über umfangreichere Curricula bis hin zu Masterstudiengängen und Fachzahnarzt-Ausbildungen. Dabei muss man grundsätzlich zwischen Fort- und Weiterbildung unterscheiden.
Fortbildungen für Zahnmediziner verpflichtend
In Deutschland ist jeder Zahnarzt dazu verpflichtet, Fortbildungen zu besuchen und seine Fachkompetenz nach dem neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand weiterzuentwickeln. Geregelt ist diese Verpflichtung einerseits in der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer, andererseits im Sozialgesetzbuch (§95 SGB V). Natürlich kann man als Zahnarzt auch über den vorgeschrieben Umfang hinaus an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Grundsätzlich aber sind Fortbildungen zunächst einmal eine verpflichtende Maßnahme.
Fachzahnarzt-Weiterbildung als freiwillige Maßnahme
Davon zu unterscheiden sind freiwillige Weiterbildungen, in deren Rahmen man sich auf einem zahnmedizinischen Fachgebiet besondere Kenntnisse aneignet. Dazu gehört auch die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie. Insgesamt gibt es Deutschland nur wenige Fachzahnarzt-Ausbildungen. Man kann sie auf den Gebieten Oralchirurgie, Kieferorthopädie und Öffentliches Gesundheitswesen machen. Nach erfolgreicher Weiterbildung darf man die jeweilige Fachgebietsbezeichnung (z. B. Kieferorthopäde oder Oralchirurg) führen.
Die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie
Wer eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie machen möchte, muss zuallererst seine zahnärztliche Approbation in der Tasche haben. Dafür stellt man nach erfolgreichem Bestehen der Staatsexamensprüfung einen Antrag auf Approbation. Was genau der Antrag beinhaltet, erschließt sich aus der Approbationsordnung der Zahnärzte.
Zweitens muss jeder angehende Kieferorthopäde vor Beginn seiner Weiterbildung mindestens ein Jahr allgemeinzahnärztlich gearbeitet haben. Ausnahme ist die Zahnärztekammer Nordrhein. Hier kann man die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie auch ohne allgemeinzahnärztliche Praxiserfahrung beginnen.
Die Weiterbildungsdauer
Die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist keine Weiterbildung, die man nebenher macht. Stattdessen handelt es sich um eine Vollzeit-Weiterbildung, die ganze drei Jahre dauert. In persönlich begründeten Fällen ist außerdem eine Weiterbildung in Teilzeit möglich. Hier muss allerdings sichergestellt sein, dass a) sich die Weiterbildung in ihrer Gesamtdauer und Qualität nicht von einer Vollzeitweiterbildung unterscheidet und b) die Teilzeitweiterbildung einen Umfang von mindestens der Hälfte der üblichen wöchentlichen Arbeitszeit umfasst.
Hinzu kommt, dass die Weiterbildung nicht ohne große Unterbrechungen stattfinden darf bzw. dass Unterbrechungen von mehr als sechs Wochen nachzuholen sind. Üblicherweise müssen zwei der drei Ausbildungsjahre ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Ausnahmen sind möglich. Genaueres findet sich in der Weiterbildungsordnung der zuständigen Landeszahnärztekammer.
Die Weiterbildungsorte
Die Weiterbildungsordnung schreibt vor, dass mindestens ein Ausbildungsjahr an einer weiterbildungsermächtigten Universitäts-Zahnklinik abgeleistet werden muss. Nach diesem Jahr kann man den Rest der Weiterbildung entweder an derselben Universitäts-Zahnklinik absolvieren oder alternativ an eine andere Universitätsklinik wechseln. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich in den verbleibenden zwei Jahren von einem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie mit Weiterbildungsermächtigung ausbilden zu lassen.
Die Weiterbildungsinhalte
Die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie gliedert sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Der theoretische Teil findet zum Beispiel als Unterricht, Selbststudium oder Fallplanung statt. Hier geht es um die medizinischen Grundlagen, um Diagnostik, Ätiologie/Morphogenese, Therapie/Prognose, Behandlungsmittel, wissenschaftliche Arbeitstechniken und ggf. Praxismanagement.
In der Praxisphase dagegen werden Behandlungsfälle erstellt und geplant, Behandlungsgeräte und -techniken erprobt und mindestens 50 neue Patienten verschiedenen Alters mit unterschiedlichen Zahn- und Kieferfehlstellungen behandelt. In der Weiterbildungsordnung sind in der Regel auch interdisziplinäre Behandlungen vorgesehen.
Mündliche Prüfung und Anerkennung
Die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie wird mit einer mündlichen Prüfung abgeschlossen und beurkundet. Erst nach Anerkennung durch die jeweilige Landeszahnärztekammer darf man die Fachgebietsbezeichnung führen, d. h. in diesem Fall “Fachzahnarzt / Fachzahnärztin für Kieferorthopädie“ oder „Kieferorthopäde / Kieferorthopädin“.
Weiterbildungsordnung der zuständigen Landeszahnärztekammer beachten
Die genauen Voraussetzungen und Anforderungen an die Weiterbildung sind in der Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landeszahnärztekammer geregelt. Orientierungspunkte für diesen Text waren die Weiterbildungsordnungen der Landeszahnärztekammern Nordrhein, Westfalen-Lippe und Rheinland-Pfalz.
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