Nach einer kieferorthopädischen Behandlung sind unsere Zähne noch sehr instabil. Das bedeutet allerdings auch, dass sie sich leicht wieder aus der neuen Position zurückbewegen können und die Therapie unter Umständen umsonst war. Um das zu verhindern, gibt es sogenannte Retainer.
Warum sich unsere Zähne bewegen
Unsere Zähne bewegen sich im Laufe des Lebens Tag für Tag minimal. Doch warum ist das so? Anders als man vermuten könnte, stehen unsere Zähne nicht fest im Kieferknochen. Stattdessen sind sie – umgeben von Bindegewebe – locker im Kieferknochen aufgehängt, sodass es immer einen Bewegungsspielraum gibt. Ansonsten könnte man Zähne auch nicht kieferorthopädisch behandeln, schließlich hängt hier gerade alles von der Eigenbeweglichkeit der Zähne ab. Zusätzlich sind unsere Zähne gewissermaßen jeden Tag ‘in Betrieb’. Ob Kauen oder Sprechen: Dass sich Zähne verschieben, hängt auch mit ihrer Nutzung zusammen.
Zähne besonders nach fester Zahnspange instabil
Dass unsere Zähne in Bewegung sind, ist selbstverständlich auch nach einer kieferorthopädischen Behandlung der Fall, vor allem unmittelbar danach. Hier ist das Ganze sogar noch ein bisschen einfacher, denn durch die Dehnung des Gewebes sind vor allem nach einer festen Zahnspange unsere Zähne noch sehr instabil. Das kann einige Jahre andauern oder sogar ein Leben lang der Fall sein. Auch bei unausgeglichenen Muskelkräften und noch nicht ausgewachsenen Kiefern ist die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv (Rückfall) höher.
Retainer
Natürlich hat man sich in der Kieferorthopädie auch hierfür eine Lösung ausgedacht. So wird mittlerweile häufig eine Retentionsphase an die eigentliche kieferorthopädische Behandlung angeschlossen. Schon das Wort Retention (von lat. retinere: zurückhalten) lässt darauf schließen, worum es dabei geht: nämlich die Zähne in ihrer Position zu halten bzw. von einer erneuten Verschiebung abzuhalten. Dafür gibt es sogenannte Retainer (auch Zahnstabilisator oder Retentionsgerät genannt). Sie dienen dazu, das Behandlungsergebnis nach einer kieferorthopädischen Behandlung langfristig zu stabilisieren.
Retainer können entweder herausnehmbar sein, in diesem Fall ähneln sie den klassischen losen Zahnspangen oder aber es wird ein Draht fest hinter die Frontzähne geklebt. Am besten ist für die Stabilisierung ist jedoch meist eine Kombination aus unterschiedlichen Lösungen.
Behandlungsdauer abhängig vom Patienten
Ob Zähne nach einer kieferorthopädischen Behandlung ein Leben lang stabilisiert werden sollten, wird kontrovers diskutiert. Nicht jeder braucht zwangsläufig einen Retainer, bei anderen wiederum besteht die Rückfallneigung ein Leben lang und das sogar bei fast acht von zehn Patienten. Leider lässt sich nicht im Vorfeld sagen, welcher Patient zu welcher Gruppe gehört, denn selbst für die Kieferorthopäden gibt es in dieser Hinsicht nur sehr wenige Ansatzpunkte. Um nach der Behandlung also keine böse Überraschung zu erleben, empfiehlt es sich in jedem Fall, eine Stabilisierungsphase mit einem losen oder festsitzenden Retainer anzuschließen. Insbesondere nach festsitzenden Zahnspangen ist die Gefahr größer, dass sich die Zähne zurück in die alte Position bewegen.
Von einigen Jahren bis hin zur lebenslangen Stabilisierung
Wie lange eine solche Stabilisierungsphase dauert, hängt ganz vom Patienten, seiner Mitarbeit und dem Grad der durchgeführten Zahnbewegungen ab. Von einigen Jahren bis hin zur lebenslang notwendigen Retention ist hier alles möglich. Es mag zwar frustrieren, nach der Zahnspange dauerhaft auf einen Retainer angewiesen zu sein. Doch das Ganze klingt schlimmer, als es eigentlich ist. Man sollte immer an die Zeit, Mühe und mitunter auch an die Kosten denken, die man in die aktive Behandlung investiert hat – nicht zu vergessen natürlich das Behandlungsergebnis. Da lohnt sich die konsequente Mitarbeit in der Haltephase allemal.
Nachsorge schon vor der aktiven Behandlung klären
Bevor man sich aber für einen Retainer entscheidet, sollte man in jedem Fall mit seinen Kieferorthopäden über die Art des Retainers, Tragezeiten (bei herausnehmbaren Retainern) und weitere wichtige Aspekte wie zum Beispiel die Reinigung sprechen – und das am besten sogar schon vor der aktiven kieferorthopädischen Behandlung.
Herausnehmbare Retainer
Möchte man seine Zähne mit einer losen Zahnspange stabilisieren, sollte man die Apparatur zunächst zwei bis drei Monate nahezu 24 Stunden tragen. Anschließend wird der Retainer vor allem nachmittags und nachts eingesetzt und die Tragezeit immer weiter reduziert.
Langfristiges Ziel ist, die Zahnspange nur noch einmal in der Woche zum Testen einzusetzen. Sitzt die Zahnspange locker und bequem wie immer, ist alles in Ordnung und die Zahnspange kann wieder herausgenommen werden. Drückt und spannt es dagegen, ist das ein Zeichen dafür, dass sich die Zähne wieder etwas verschoben haben und die Tragezeit dementsprechend erhöht werden muss. Das bedeutet aber nicht, dass man den Retainer wieder Tag und Nacht tragen muss. Schon zwei bis drei Nächte können ausreichen, um die Zähne in die richtige Position zu bringen.
Alternativ: transparente Schienen
Um Zähne nach einer kieferorthopädischen Behandlung langfristig zu stabilisieren, können neben herausnehmbaren Retainern alternativ und sofern medizinisch sinnvoll transparente Schienen angefertigt werden, die Alignern ähneln. Sie haben vor allem einen Vorteil: Man sieht sie kaum. Das wirkt sich nicht zuletzt positiv auf die Compliance (Mitarbeit) der Patienten aus, denn die ist in der Retentionsphase mit einem herausnehmbaren Retainer genauso gefragt wie bei einer kieferorthopädischen Behandlung mit einer herausnehmbaren Zahnspange.
Feste Retainer
Neben herausnehmbaren Zahnspangen ist auch eine Stabilisierung mit festsitzenden Retainern möglich. Dabei wird ein feiner Drahtbogen auf der Zahninnenseite befestigt und ist dadurch kaum sichtbar. Während herausnehmbare Zahnspangen und Aligner in der Regel den kompletten Zahnbogen, also alle Zähne im Kiefer, fassen, beschränkt sich der festsitzende Retainer für gewöhnlich auf die Frontzähne. Meist handelt es sich dabei um einen Retainer an der Unterkieferfront, denn ob ein Retainer auch im Oberkiefer sinnvoll ist, darüber herrschen unterschiedliche Meinungen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass bei Retainern im oberen Frontzahnbereich das Risiko für Beschädigungen steigt. So kann man bei einem Retainer im Oberkiefer leicht mit den Zähnen des Unterkiefers auf den Draht treffen und ihn dadurch theoretisch sogar abbeißen.
Reinigung und Kontrolle
Großer Vorteil festsitzender Retainer ist nicht nur, dass man sie nicht sieht, sondern auch dass sie keine aktive Mitarbeit des Patienten erfordern – schließlich sind sie fest an der Zahninnenseite befestigt. Allerdings ist dementsprechend auch die Reinigung etwas schwieriger, insbesondere dann, wenn man zuvor keine feste Zahnspange getragen hat und somit daran gewöhnt ist, die Apparatur zum Reinigen herauszunehmen. Auf die Reinigung sollte man aber in jedem Fall großen Wert legen, um Erkrankungen wie Karies, Gingivitis (Zahnfleischentzündung) oder Parodontitis (Zahnbettentzündung) zu vermeiden. Mittlerweile werden deshalb in vielen kieferorthopädischen Praxen professionelle Zahnreinigungen als Unterstützung zur häuslichen Zahnpflege angeboten.
Ein festsitzender Retainer kann theoretisch das ganze Leben lang im Mund bleiben, mindestens einmal im Jahr aber sollte man den Draht kontrollieren lassen.
Kosten von Retainern
Wie bei vielen zahnärztlichen Leistungen ist auch die Kostenübernahme von Retainern an Bedingungen geknüpft. So übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bis zu zwei Jahre nach der kieferorthopädischen Behandlung die Kosten für die Stabilisierung. Meist handelt es sich dabei um herausnehmbare Apparaturen. Bei einem Engstand im Unterkiefer ist jedoch auch der festsitzende Retainer eine Kassenleistung. Das trifft aber ausschließlich auf Patienten unter 18 Jahren zu, denn kieferorthopädische Behandlungen für Erwachsene werden nur in Ausnahmefällen erstattet.
Eine Langzeitretention wird grundsätzlich nicht übernommen, selbst wenn sie medizinisch sinnvoll ist. Bei kieferorthopädischen Behandlungen gilt: Nach Abschluss der Retentionsphase (max. zwei Jahre) können keine kieferorthopädischen Leistungen mehr über die Krankenkasse abgerechnet werden.
Bei Privat- und Zusatzversicherungen Tarif prüfen
Für Privatversicherte und Versicherte mit Zahnzusatzversicherung gilt: Prüfen Sie vorab den abgeschlossenen Tarif, denn der entscheidet am Ende darüber, ob und inwieweit die Kosten für die Stabilisierungsphase übernommen werden.
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