Eine der ersten Fragen, die man sich stellt, wenn es um das Thema Zahnspangen geht: Was kostet die Behandlung und wer zahlt sie? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es allerdings nicht, denn wer wann was zahlen muss hängt ganz vom Alter, vom Grad der Fehlstellung und der Versicherung des Patienten ab. Weitere Informationen zum Thema Zahnspangen und Kosten gibt Dr. Philipp F. Gebhardt, Kieferorthopäde aus Berlin-Charlottenburg.
Kassenpatienten
Während bei Kassenpatienten die Kosten für die Beratung, Untersuchung und unter Umständen ein Röntgenbild von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, hängt die Kostenübernahme einer kieferorthopädischen Behandlung im Wesentlichen vom Alter des Patienten und den sogenannten kieferorthopädischen Indikationsgruppen ab.
Kostenübernahme zwischen dem 10. bis 18. Lebensjahr
Bei Patienten zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr kommt die gesetzliche Krankenkasse in der Regel für die kieferorthopädische Behandlung auf, vorausgesetzt,
- man befindet sich im späten Wechselgebiss (= mehr als 12 neue Zähne) und
- es wurde eine entsprechende kieferorthopädische Indikationsgruppe festgestellt.
Kieferorthopädische Indikationsgruppen geben Aufschluss über den Schweregrad der Fehlstellung; sie reichen von 1 bis 5. Wird eine der Indikationsgruppen 3 bis 5 festgestellt, übernimmt die Krankenkasse die Behandlungskosten. Wichtig dabei ist, dass die Krankenkasse zunächst nur 80 Prozent der Kosten trägt. Die Eltern selbst müssen einen Eigenanteil von 20 Prozent leisten, der nach Abschluss der Behandlung von der Krankenkasse zurückgezahlt wird. Werden mehrere Kinder zeitgleich kieferorthopädisch behandelt, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse ab dem zweiten Kind 90 Prozent der Kosten. Der Eigenanteil für Eltern beträgt in dem Fall also nur noch ein Zehntel der Gesamtkosten.
Frühbehandlung wird nur im Einzelfall erstattet
Eine Behandlung vor dem 10. Lebensjahr, das heißt eine Behandlung des Milchgebisses oder des frühen Wechselgebisses, wird nur in Einzelfällen erstattet, d. h., wenn ein besonders schwerwiegender Befund die kieferorthopädische Behandlung unbedingt notwendig macht. Die Behandlungszeit, für die die Kosten übernommen werden, ist dabei auf sechs Quartale begrenzt.
Private Begleitkosten bei modernen Zahnspangen und Therapieformen
Gesetzliche Krankenkassen handeln wirtschaftlich. Das heißt, bezahlt werden grundsätzlich nur Therapieformen und Apparaturen, die im Leistungskatalog der jeweiligen Krankenkasse enthalten sind. Moderne Verfahren gehören meist nicht dazu, auch wenn sie medizinisch sinnvoll sein mögen. So kommen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel nicht für Leistungen auf wie etwa
- Schutzlack,
- Funktionsanalyse,
- selbstligierende Brackets oder
- Glattflächenversiegelung.
Auch eine Therapie mit Alignern muss voll und ganz vom Patienten selbst getragen werden. Etwas anderes ist es dagegen bei innenliegenden Apparaturen. Je nach Bundesland wird hier die grundsätzliche Basisleistung übernommen, während die restlichen Kosten als Mehrleistung selbst zu tragen sind.
Ab dem 18. Lebensjahr in der Regel keine Kostenerstattung
Auch bei Patienten ab dem 18. Lebensjahr zahlt die GKV in Einzelfällen die kieferorthopädische Behandlung. Und zwar dann, wenn eine schwere Kieferanomalie vorliegt, die nicht nur kieferorthopädisch, sondern auch kieferchirurgisch behandelt werden muss. Zu diesen schweren Kieferanomalien zählen zum Beispiel die Retrognathie – eine starke Verkürzung des Unterkiefers – und die Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte.
Liegen dagegen keine besonderen Kieferanomalien vor bzw. hat der Patient keine Zusatzversicherung, die zumindest für Teile der Behandlungskosten aufkommt, muss er dagegen selbst in die Tasche greifen. Hier wird die Zahnspange zu einer reinen Privatleistung. Je nach Grad der Fehlstellung, Behandlungsdauer und der Art der Zahnspange kann die Behandlung schon einmal 1.000 bis 10.000 Euro kosten.
Auch kleine Korrekturen können teuer werden
Selbst kleine Korrekturen wie ein einzelner schiefer Zahn können am Ende hohe Kosten verursachen. Der Grund: Ein schiefer Zahn lässt sich nicht isoliert behandeln. Stattdessen müssen auch die nebenstehende Zähne bewegt werden – schließlich braucht der Zahn Platz, um in die richtige Position zu gelangen. Das dauert in der Regel ca. sechs bis zwölf Monate. Entscheidet man sich dabei für eine Schiene, dann geht die Behandlung bei einer Dauer von sechs Monaten ab ca. 1.500 Euro los. Sind Ober- und Unterkiefer betroffen, kann sich der Betrag sogar verdoppeln. Und möchte man die Zähne anschließend mit einem Retainer stabilisieren, muss man mit zusätzlichen Kosten von ca. 500 Euro rechnen.
Privatpatienten
Auch bei Privatpatienten werden die Kosten für die Untersuchung, Beratung und ggf. das Röntgenbild erstattet. Ob aber die Behandlungskosten übernommen werden, entscheidet am Ende der entsprechende Tarif. Hat man einen Voll- bzw. Premiumtarif abgeschlossen, so kommt die Versicherung normalerweise für die Kosten auf, sofern die Behandlung medizinisch begründet ist.
Bei einfachen Tarifen wie dem Basistarif sieht das Ganze schon etwas anders aus. Hier ist eine Beteiligung der Versicherung zwar nicht ausgeschlossen, sie kann aber auf einen bestimmten Prozentsatz begrenzt sein und dementsprechend nur anteilig erfolgen. In der Regel werden bei einfachen Tarifen 60 bis 85 Prozent der Kosten übernommen, allerdings unter Umständen nur dann, wenn es medizinisch notwendig ist.
Kostenerstattung vom Tarif abhängig
Darüber hinaus kommen auch private Krankenkassen nicht notwendig für besonders teure Behandlungen wie Keramikbrackets oder unsichtbare Zahnspangen auf – auch das hängt ganz vom Leistungskatalog ab. Zudem kann sich die Kostenerstattung auf das Honorar für den behandelnden Kieferorthopäden beschränken. Labor- und Materialkosten müssen unter Umständen vom Patienten selbst gezahlt werden – und das kann am Ende ein teures Vergnügen sein.
Heil- und Kostenplan einreichen
Privatpatienten müssen vor einer Behandlung in jedem Fall einen Heil- und Kostenplan bei ihrer Versicherung einreichen. Gegebenenfalls fordert die Versicherung im Anschluss weitere Informationen beim Arzt an (hierzu muss der Arzt zuvor von seiner Schweigepflicht befreit werden) und/oder beauftragt einen Gutachter, der die medizinische Notwendigkeit der Behandlung überprüft.
Beihilfepatienten
Beamte sind in ihrer privaten Krankenversicherung beihilfeberechtigt. Das bedeutet, dass sie vom Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Krankheitskosten erhalten. Die Höhe der Zuschüsse ist je nach Bundesland unterschiedlich; die Beihilfe entweder personen- oder familienbezogen.
Teilerstattung vor dem 18. Lebensjahr
Mit Blick auf eine kieferorthopädische Behandlung bedeutet das: Vor dem 18. Lebensjahr wird eine Zahnspange in dem Umfang erstattet, wie es die entsprechende Beihilfeordnung vorsieht. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Voll-, sondern lediglich um eine Teilerstattung, wobei auch die Kosten für eine Therapie mit unsichtbaren Schienen übernommen werden kann. Die Sätze bewegen sich zwischen 50 und 80 Prozent.
Kostenübernahme für Erwachsene nur bei schweren Anomalien
Nach dem 18. Lebensjahr werden die Kosten für die Untersuchung und Beratung übernommen, die Erstattung der Behandlungskosten erfolgt jedoch nur dann, wenn neben einer kieferorthopädischen auch eine kieferchirurgische Behandlung erforderlich ist.
Patienten mit Zahnzusatzversicherung
Nicht immer decken die Zuschüsse der Krankenkassen alle Kosten einer Behandlung ab. Zahnzusatzversicherungen dienen deshalb als Ergänzung zur eigentlichen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung und werden meist für Leistungen abgeschlossen, für die sonst ein hoher Eigenanteil anfällt. Dazu gehört auch die Kieferorthopädie. Denn insbesondere für volljährige Kassenpatienten, die keine schwerwiegende Kieferanomalie haben, werden Zahnspangen zu einer teuren Angelegenheit.
Tarif und Vertragsabschluss sind entscheidend
Das bedeutet jedoch nicht, dass mit einer Zahnzusatzversicherung automatisch alle Kosten abgedeckt sind. Auch hier kommt es auf die individuellen Versicherungsbedingungen an, d. h. zum Beispiel, welche Leistungen zu welchen prozentualen Anteilen mitversichert sind, ob nur bei medizinisch notwendigen Behandlungen Kosten erstattet werden oder der Übernahmebetrag in den ersten Jahren auf eine bestimmte Summe begrenzt ist. Ausschlaggebend ist außerdem der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Denn hat der Zahnarzt oder Kieferorthopäde bereits vor Abschluss der Versicherung eine behandlungsbedürftige Fehlstellung diagnostiziert, zahlt die Versicherung in der Regel nicht.
Eine Zusatzversicherung sollte deshalb in jedem Fall vor der kieferorthopädischen Untersuchung abgeschlossen werden und genau Aufschluss über die Bedingungen einer Kostenübernahme geben.
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