Wenn sich das Zahnfleisch um einen Zahn zurückzieht, spricht der Zahnarzt von Rezession. Die Folge sind freiliegende Zahnhälse. In vielen Fällen kann Ihr Parodontologe dieses Problem mit einer Rezessionsdeckung beheben. Dr. Sabine Baron von der Praxis am Kureck in Wiesbaden erklärt, was es damit auf sich hat.
Was ist eine Rezession?
Gesundes Zahnfleisch ist bis zu 9 Millimeter dick und hat eine blassrosa Farbe. Es ist fest mit dem Kieferknochen verbunden. Üblicherweise ist es so dicht, dass keine Bakterien von außen eindringen könen. So schützt es die Zähne vor Infektionen. Bei einer Rezession zieht sich das Zahnfleisch an den Außenseiten der Zähne zurück, obwohl keine Entzündung vorliegt.
Welche Gründe gibt es für Zahnfleischrückgang?
Zahnfleischrückgang kann verschiedene Gründe haben und hat nicht zwangsläufig etwas mit schlechter Mundhygiene zu tun:
- Falsches Zähneputzen: zu großer Druck mit der Zahnbürste oder Putzbewegungen entgegen dem Zahnfleischverlauf (das ist besonders ein Problem bei Patienten, die von Natur aus nur dünnes Zahnfleisch haben)
- Zahnfehlstellungen, Korrekturen von Zahnfehlstellungen oder schlecht sitzende Restaurationen: das Zahnfleisch ist an diesen Stellen oft dünn und daher anfällig für Rezession
- Verletzungen: zum Beispiel durch harte, scharfkantige Lebensmittel
- Zähneknirschen: das Knirschen belastet das Zahnfleisch dauerhaft
- Lippen- oder Wangenbändchen: in unserem Mund befinden sich an verschiedenen Stellen Schleimhautbändchen; sind sie zu kurz, üben sie einen zu großen Zug auf das umliegende Zahnfleisch aus
Was sind die Folgen einer Rezession?
Durch den freiliegenden Zahnhals sind Betroffene oft besonders empfindlich bei Kälte oder Hitze. Im Extremfall führt das zu regelmäßigen starken Schmerzen. Zudem haben diese Patienten ein höheres Risiko, an einer Wurzelkaries zu erkranken.
Doch Schmerzen sind nicht die einzigen Folgen einer Rezession. Auch die ästhetischen Konsequenzen können belasten, denn spätestens bei einem breiten Lächeln werden das unregelmäßige Zahnfleisch und die langen Zahnhälse sichtbar. Je nach Persönlichkeit führt das wiederum dazu, dass Betroffene gehemmt sind, unbeschwert zu lachen. Somit kann ein Zahnfleischrückgang auch psychische Folgen nach sich ziehen.
Was hilft gegen Zahnfleischrückgang?
Durch eine weichere Zahnbürste und eine gute Zahnputztechnik können Sie Zahnfleischrückgang aufhalten. Mithilfe einer Versiegelung lässt sich in der Regel die Sensibilität der Zahnhälse in den Griff bekommen. Bereits verlorenes Zahnfleisch kehrt auf natürlichem Wege jedoch nicht zurück.
Was ist eine Rezessionsdeckung?
Stattdessen gibt es eine Reihe von Therapien, um offen liegenden Zahnhals wieder mit Zahnfleisch zu bedecken. Die sogenannte Rezessionsdeckung verursacht wenig bis keine Schmerzen und die Wunden verheilen schnell. Auch sind später keine Narben zu sehen. Zudem kommt sie ohne künstliche Materialien aus. Vorausgesetzt, dass die Papillen (also das Zahnfleisch zwischen den Zähnen) noch vorhanden sind, kann das Zahnfleisch zu 100 Prozent wieder hergestellt werden.
Wie muss die Behandlung vorbereitet werden?
Bevor eine Rezessionsdeckung durchgeführt werden kann, müssen gegebenenfalls bestehende Entzündungen im Zahnfleisch behandelt werden. Oft wird auch eine professionelle Zahnreinigung vorgenommen. Um den guten Heilungsverlauf zu sichern, wird dem Patienten eine schonende Putztechnik beigebracht. Außerdem werden die betroffenen Zähne auf falsche Belastung untersucht.
Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es?
1. Verschiebelappenplastik
Bei der Verschiebelappenplastik werden Teile des umliegenden Zahnfleischs gelöst, aber nicht abgetrennt und dann auf den freiliegenden Zahnhals verschoben. Danach werden sie vernäht und können so problemlos heilen und mit dem bestehenden Zahnfleisch fest verwachsen. Der Vorteil bei dieser Methode ist, dass mehrere Regionen gleichzeitig behandelt werden können. Dafür muss das vorhandene Zahnfleisch allerdings mindestens 3 mm dick sein.
2. Freies Schleimhauttransplantat
Für ein Schleimhauttransplantat wird Schleimhaut am Gaumen entnommen, über die offenen Stellen gelegt und an bestehendes Zahnfleisch genäht.
3. Freies Gewebetransplantat
Ein freies Gewebetransplantat ähnelt dem Schleimhauttransplantat, nur dass dickeres Bindegewebe entnommen wird. Das kann auch zusätzlich zur Verschiebelappenplastik geschehen, um das Zahnfleisch zu verdicken.
4. Tunnelierungstechnik (auch: Tunneltechnik)
Für die sogenannte “Tunnelierungstechnik” werden ins bestehende Zahnfleisch Tunnel oder auch Taschen geschnitten, um das entnommene Bindegewebe optimal zu befestigen. So lassen sich nebeneinander liegende Problemstellen in einem Schritt behandeln.
5. Durchtrennung oder Verlagerung hoch ansetzender Bänder
Sind Schleimhautbänder der Grund für den Zahnfleischrückgang, werden sie entweder durchtrennt oder versetzt. Dadurch wird der Zug reduziert und das Zahnfleisch entlastet.
Was muss man nach der Behandlung beachten?
Wundheilprozesse im Mund gehen oft besonders schnell vonstatten. Trotzdem müssen nach einer Rezessionsdeckung einige Dinge beachtet werden. Wie jede Wunde oder Verletzung am Körper braucht auch eine Transplantationsstelle in erster Linie Ruhe, um zu verheilen.
Zunächst sollten Sie die Stelle gut kühlen. Idealerweise lassen Sie sich in einer Zeit behandeln, in der Sie voraussichtlich nicht besonders viel sprechen müssen. Auch Sport oder ein Besuch in der Sauna sind vorerst tabu.
Die betroffene Stelle sollten Sie für etwa 8 Wochen nicht putzen. Bei regelmäßigen Kontrollen durch den Zahnarzt kann er eine vorsichtige Reinigung durchführen. Die anderen Zähne werden natürlich wie üblich geputzt.
Essen dürfen Sie fast alles. Nur besonders harte Lebensmittel (Äpfel, Karotten etc.) sollten Sie vermeiden.
Die Gewebe-Entnahmestelle am Gaumen sollte nach etwa einer Woche wieder verheilt sein. Mehrere Rezessionsstellen können üblicherweise auch in mehreren Sitzungen behandelt werden. Schließlich bildet sich das Gewebe am Gaumen immer wieder neu nach.
Was kostet eine Rezessionsdeckung?
Da es sich bei einer Rezessionsdeckung in den meisten Fällen um eine ästhetische Korrektur handelt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten in der Regel nicht. Stattdessen muss diese Behandlung privat finanziert werden. Nähere Auskünfte erteilt der Träger Ihrer Krankenversicherung.
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